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Blanche Major, Schirmherrin von Travel for Peace

Travel for Peace führt Jugendliche in die Welt hinaus, um ihnen zu zeigen, wie grausam der Krieg ist. Gleichzeitig möchte Travel for Peace auch eine Tür öffnen zu Frieden und Hoffnung für die Zukunft. Das benötigen wir mehr denn je.“

Blanche Major ist Schirmherrin von Travel for Peace. 1944 war sie im Lager Auschwitz interniert.

Entkam der Gaskammer

Blanche MajorBlanche Major war 19 Jahre alt, als sie ihre Eltern und praktisch ihre gesamte Familie verlor. Von den insgesamt 33 Mitgliedern der Familie, die nach Auschwitz-Birkenau deportiert worden waren, überlebten nur Blanche und ihre Schwester. Alle anderen kamen kurz nach der Ankunft im Lager in den Gaskammern um.
„Ich hatte Glück“, sagt die starke, kleine jüdische Frau heute.

Blanche Major wurde 1925 in Ungarn geboren, lebt heute in Oslo und ist eine der Beraterinnen von Travel for Peace. Sie besucht viele Schulen und erzählt nüchtern, lebendig und fesselnd ihre unglückliche Geschichte.

„Im Mai 1944 wurden die Juden meiner Heimatstadt Pècs in ein Getto gebracht. Wir hatten keine Ahnung, was geschehen würde. Wir hörten Radio, aber Gaskammern wurden da nie erwähnt. Sie sprachen nur davon, wie Arbeitslosigkeit und all das andere Elend verschwinden würden, wenn nur die Juden weg wären,“ erzählt sie.

Noch in jenem Frühling heiratete sie, mit dem gelben Judenstern auf dem Kleid. Wenige Tage darauf wurde ihr Mann zur Zwangsarbeit geschickt. „Zwei Monate später räumten sie das Getto. Insgesamt wurden aus Pècs und dem Rest des Landes mit Ausnahme von Budapest 600 000 Juden deportiert. Für den Transport zwang man uns in Viehwaggons.“

Der Transport mit der Eisenbahn war ein Albtraum

„Im Zug befanden sich 3 400 Juden, etwa 70 in jedem Waggon. Meine beiden Großmütter, 92 und 82 Jahre alt, waren auch darunter. Die jüngste unserer Familie war meine Nichte von etwa fünf oder sechs Jahren. Wir waren auf verschiedene Waggons verteilt. Der Gedanke, daß wir außer Landes gebracht werden sollten, kam uns nicht. Wir dachten nur, daß wir weggebracht werden sollten, vielleicht in ein Arbeitslager“, sagt Blanche Major.
Auf der drei Tage langen Fahrt bekamen die Gefangenen verdorbenes Essen, aber kein Wasser, und 70 Leute mußten sich einen Toilettenkübel teilen. Leute weinten und einige starben bereits auf dem Weg nach Auschwitz.

Zur Erholung

Am 7. Juli 1944 kamen Blanche Major und ihre Familie in Auschwitz-Birkenau an.

„Ich erinnere mich an den gelben Rauch, der aus den Schornsteinen aufstieg. Überall standen Baracken. Wir wußten nicht, wo wir waren. Ich erinnere mich, daß ich meine Mutter in dem Chaos sah. In Erinnerung geblieben ist mir auch noch der schöne, große Mann in Reitstiefeln, der die Auswahl vornahm. Er kommandierte mich und meine Schwester nach links, daß hieß, daß wir für arbeitsfähig gehalten wurden. Die meisten Juden mußten nach rechts gehen, also direkt in die Gaskammern, die Kinder und die Alten, die Kranken und die Schwangeren.“ Von den 33 Mitgliedern der Familie wurden allein Blanche und ihre Schwester nach links kommandiert.

„Uns wurde gesagt, daß sie sich erholen sollten. Ich habe Mütter getroffen, die sich Vorwürfe gemacht haben, weil sie ihre Kinder an jenem Tag in den Tod geschickt haben. Aber wer hätte nach dieser Zugfahrt seinen Kindern nicht ein bißchen Erholung gegönnt?“, fragt Blanche Major.
„An diesem Tag ging eine Freundin von mir mit ihrem achtjährigen Kind in den Tod. Alle gingen zusammen zum Lager. Da sollten sie sich ausziehen und in die Duschen gehen. Keiner von ihnen wußte, daß sie innerhalb einer Viertelstunde sterben sollten.“

Später erfuhr Blanche Major, wer der Mann mit den Reitstiefeln war: Dr. Josef Mengele, der SS-Arzt, der die schlimmen Menschenversuche durchführte.

Ich weiß nicht, ob ich weinte

Während Blanche Major im Lager war, erfuhr sie nicht, was wirklich mit denen geschah, die „zur Erholung“ geschickt worden waren. Im Nachhinein wundert sie sich, daß der gelbe Rauch niemanden stutzig machte. Der Rauch der Krematorien, in denen täglich 8 000 Leichen verbrannt wurden, lag ständig über dem Lager. Aber Blanche Major und ihre Schwester hatten einander und verdrängten die Gedanken an den Rest der Familie.

„Wir, die arbeiten sollten, wurden erst ausgezogen und dann am ganzen Körper rasiert. Meine Schwester und ich schliefen sieben Wochen lang in Baracken mit Erdfußboden“, berichtet Blanche Major.

Schließlich wurden sie zur Zwangsarbeit in Europas größte Munitionsfabrik geschickt, die sich in Stadtallendorf zwischen Kassel und Marburg befand und ein wichtiger Lieferant von Waffen und Munition für die Deutschen war. Blanche Major und ihre Schwester waren zwei von etwa 17 500 Zwangsarbeitern.

Sieben Monate lang fertigte Blanche Major in dem Rüstungsbetrieb Bomben, zwölf Stunden täglich. Als die Fabrik am 27. März 1945 evakuiert wurde, floh sie mit ihrer Schwester und vier Freundinnen. Sie versteckten sich zwei Tage im Wald, bis sie amerikanische Soldaten trafen.

„Unmittelbar nach unserer Befreiung, fielen wir in einen Freudentaumel, weil wir noch am Leben waren. Eines Tages kamen aber Leute mit einer Liste von jüdischen Überlebenden. Mein Mann Georg und zwei meiner Cousins standen dort, aber niemand sonst von der Familie. Ich kann nicht sagen, wie ich reagierte, ich erinnere mich nicht mehr. Ich weiß nicht, ob ich weinte!“, sagt sie.

Der Zufall führte Blanche Major, ihren Mann und ihren kleinen Sohn, der 1946 geboren wurde, nach Norwegen. Der norwegische Staat hatte sich verpflichtet, eine geringe Anzahl von Juden aufzunehmen, und die kleine Familie Major befand sich unter jenen, die 1947 in Norwegen ankamen.

Das Schlimmste

Das Schlimmste, was ich nach dem Krieg erlebte, war die Behauptung, daß die Gaskammern eine Lüge und jüdische Propaganda seien. Wenn hochgebildete Akademiker so etwas sagen, dann halten es die, die es nicht wissen, für glaubwürdig. Auch wenn ich mich manchmal ohnmächtig fühle und Wut und Hoffnungslosigkeit mich überkommen, kann ich nicht die Behauptungen der Rassisten und Revisionisten unkommentiert lassen. In wenigen Jahren werden wir, die letzten Zeitzeugen der Konzentrationslager, nicht mehr sein. Deshalb ist es so wichtig, daß wir, die es aus eigener Erfahrung können, berichten, was eigentlich geschah“, sagt Blanche Major.

„Wie ist es für Sie als Zeitzeuge, wenn Sie wieder in Auschwitz sind?“

„Das ist ein starkes Erlebnis. Schlimm. Aber zugleich gibt es einem Hoffnung. Es ist schlimm, weil es die Grabstätte meiner Familie und meiner Freunde ist. Es ist schlimm, weil ich nicht verstehen kann, wie so etwas möglich sein konnte. Aber es gibt mir Hoffnung, wenn ich die Reaktionen bei den Jugendlichen sehe. Wenn sie dort sind, begreifen sie. Sie haben Bücher gelesen und Filme gesehen, aber erst wenn sie wirklich dort sind, begreifen sie. Mir liegt sehr viel daran, als Zeitzeuge für nachfolgende Generationen auszusagen und sie zu ermahnen, nicht über das grausamste Verbrechen der Weltgeschichte hinwegzusehen. Vergessen wir nicht, daß Hitler in der damals führenden Kulturnation an die Macht kam. Das lehrt uns, daß wir immer und überall auf der Hut vor totalitären Elementen sein müssen“, sagt Blanche Major und fügt hinzu:
„Mit der Vergangenheit können wir nichts mehr machen, aber ich glaube fest daran, daß wir etwas mit der Zukunft machen können.“